02/2019 – « Völker, hört die Signale… »
Die Wirtschaft beschäftigt sich immer mit neuen Trends, mit Change-Programmen, die durch Hype-Vokabeln wie digital, disruptiv, innovativ, kreativ, granular, etc. beschrieben werden. Alt-herkömmliches wird auf den Kopf gestellt – kreative Zerstörung ist angesagt, die Suche nach dem Neuen ist in allen Bereichen angesagt.
In allen Bereichen? (wie war das noch mit dem gallischen Dorf?)
Nein, in der Politik gilt Disziplin, Hinwendung zu Althergebrachtem und das Motto: Ja nichts wagen. Jetzt wird zum Erscheinen des 3. Buches von Thilo Sarrazin der 3. Versuch der SPD unternommen, den „umstrittenen Autor“ aus der Partei auszuschließen. In Unternehmen, in der Wirtschaft würde man sich um einen solchen Querdenker reißen – in der Politik versucht man hingegen sich von ihm zu distanzieren. Hat die Politik so wenig Selbstbewusstsein und so wenig Selbstvertrauen, um mit den Gedankengängen eines Einzelnen nicht klarzukommen?
Greift hier nicht Trump’s Lieblingswort: „witch-hunt“?
Februar 2019
01/2019 – « Wir Deutschen »
Die Deutschen sind schon ein komisches Völkchen – je nach Blickwinkel gelangt man zu interessanten Charakteristiken:
Der Blick von innen:
- Der Deutsche ist ernst, präzise und hält sich an Regeln
- Die deutschen Bürger sind unflexibel, risikoscheu und kultivieren die „German Angst“
- Die Deutschen sind kaum bereit, Risiken einzugehen – alles muss perfekt durchgeplant und sachbezogen sein
- Der Deutsche jammert gerne (über sich und die anderen) und beklagt eine permanente Ungerechtigkeit (das Gras in anderen Ländern ist stets grüner)
- Die Deutschen trennen den Müll (freiwillig und akribisch) und nennen den Vorgang „entsorgen“
- Die Deutschen lieben es zu planen und sind (außer beim Fußball) wenig emotional
Der Blick von außen:
- Man sagt uns Deutschen nach, wir seien gründlich, vernünftig, gewissenhaft und effizient
- Gleichzeitich sind die Deutschen pedantisch, reserviert und gehen „zum Lachen“ in den Keller
- Die Reserviertheit der Deutschen kann bis zu Unfreundlichkeit hin interpretiert werden, obgleich die Deutschen es gar nicht so meinen…
- Deutschland wird als ein Hort der Sicherheit, der wirtschaftlichen Stabilität betrachtet
- Die deutschen Ingenieuren genießen nach wie vor – wie auch das „Made-in-Germany“-Label – einen hervorragenden Ruf
- Die Deutschen werden um Goethe, Schiller, Beethoven beneidet – nur die Kontinuität bis hin zur Gegenwart fehlt.
Was sind denn nun „wir Deutschen“? Ein Volk, das im Lauf der Geschichte unterschiedliche Regierungsformen von Kurfürstentum über König und Kaiser, Republikaner, Nationalsozialisten, Kommunisten und jetzt die Demokratie „durchgemacht“ und extensiv gelebt haben. Trotz zahlreiche Widersprüche sind die Deutschen flexibel und anpassungsfähig – kurz: „pragmatische Überlebenskünstler.“
Januar 2019
12/2018 – « legal = ? = legitim »
Eine kurze Frage in die Runde: Seit wieviel Generationen gelten die „10 Gebote“?
In der Presse wird die große Verunsicherung durch KI, durch Digitalisierung, durch Disruption täglich beschrieben, wobei die berechtigte Frage durchaus gestellt wird, ob legales Handeln (konform mit dem Gesetz) automatisch legitimes Handeln ist. Gerade im Zusammenhang mit der Steuer-Diskussion (z.B. cum-ex-Geschäfte) ist dies eine durchaus relevante Fragestellung.
Das legitime Handeln versteht sich als eine ethische Richtschnur, die zu Zeiten der Hanse der „ehrbare Kaufmann“ verinnerlicht hat. Heutzutage hat Deutschland den „Corporate Governance Codex“, wobei man sich schwertut, Ethik und Moral (wie bei den 10 Geboten) schriftlich zu fixieren. Es scheint so zu sein, daß die „Verantwortung des Managers“ nicht wegzudiskutieren ist, zumal der Manager die Macht hat, Dinge umzusetzen, aber bei der Umsetzung die Moral nicht beschädigt werden darf.
Dezember 2018
11/2018 – « Disruption »
Disruptive Kräfte sind derzeit in allen Bereichen zu finden:
In der Politik
Es scheint so zu sein, daß die „Welt verrückt spielt“: Probleme sind derzeit in der Türkei, in Brasilien, in Italien, in Ungarn zu finden und der Präsident der USA, Mr. Donald Trump scheint sich als großer „Disruptor“ zu profilieren. Ohne in Details zu gehen, ist sein Ton gewöhnungsbedürftig („little rocketman“) und die Kommunikationswege (Twitter) beinhalten selbst Vertrauliches lesbar für die ganze Welt.
In der Parteienlandschaft
Festgefügtes wird aufgebrochen: siehe in der Wählergunst – hier der Vertrauensverlust bei den großen Deutschen Volksparteien, wobei das Problem der Wähler zum Teil darin besteht, daß sie ihren Unmut nicht auf dem Stimmzettel ankreuzen können, sondern daher beschlossen haben, die AfD zu unterstützen, ohne selbst AfD-Wähler zu sein.
In den Unternehmen
Es ist schon faszinierend zu sehen, daß die Disruption nicht nur bei Start-Ups und bei kleinen Unternehmen zuschlägt, sondern selbst bei Großkonzernen: Still und heimlich hat Google-Chef Pichai den erfolglosen Facebook-Klon Google+ beendet. Typisch amerikanisch: Kein Nachteil für das Unternehmen oder den Top Manager, sondern eher ein „Gewinn an Erfahrungen“.
November 2018
10/2018 – « Fordern »
Die semantische Verrohung nimmt komischerweise – trotz eines bedeutungsmäßigen Aufschwungs der internen und externen Kommunikation – permanent zu.
Heutzutage fordern die Gewerkschaften, fordert die Opposition, fordert Brüssel, ja selbst Trump fordert…
Hier ist nicht das „Fordern und Fördern“ im Sinne einer Development-HR-Strategie gemeint, sondern vielmehr die Platzierung einer vermeintlich berechtigen Forderung, wobei impliziert wird, daß mindestens der Forderungsinhalt einem sowieso und in völlig berechtigter Weise zusteht. Oft wird gefordert, wo ein Vorschlag, die Unterbreitung eines Kompromisses, die Definition einer Verhandlungsbasis, eine einfache Bitte besser am Platz wäre, wo eine konstruktive Basis für ein Gespräch / für eine Diskussion geschaffen wird.
Oft wird eine Forderung mit einer versteckten oder offenen Drohung verbunden und die Gesprächsatmosphäre sofort verdorben. Ist das / war das denn eigentlich notwendig?
Könnte man nicht mehr erreichen, wenn man nicht mit einer brutal wirkenden Forderung, sondern mit einem konstruktiven Vorschlag in die Diskussion einsteigt?
Es lohnt sich nachzudenken!
Oktober 2018
09/2018 – Ein Widerspruch in sich
Der Begriff der „political correctness“ ist in aller Munde und hilft dem Bürger, sich politisch korrekt, sprich unangreifbar zu verhalten: Man braucht nicht lange nachzudenken, ob eine Denkrichtung richtig oder verkehrt ist, ob ein Denkansatz gut oder falsch ist, ob eine Aussage treffend oder gefährlich ist – das gesunde Volksempfinden ist so geprägt und (vor-)geeicht, daß die „Allgemeinheit“ weiß, was man sagen und äußern darf und was nicht.
Die „political correctness“ ist so eine Art Gewissen, welches vorschreibt, was gedacht werden darf, was in einen Gedanken gefasst werden darf und was nicht. Es ist eigentlich ganz einfach: Bevor eine Meinung definiert und geäußert wird, muss gemäß dem Volksempfinden überprüft werden, ob ein solcher Gedanke politisch gesehen richtig oder falsch ist.
Und wer legt fest, was politisch korrekt oder inkorrekt ist? Die Politik, der Staat, das Volksempfinden definiert für den einzelnen Bürger, was man denken, was man äußern darf und was nicht.
Mit dem „Maulkorb der political correctness“ wird eine heilsame Diskussion, eine gesunde Auseinandersetzung verhindert, ja dem denkenden Bürger ein „Gedanken-Stoppschild“ aufoktroyiert.
Jetzt fragt man sich, was ist schlimmer: Das eigenständige Denken zu verbieten oder einen Denkansatz zu äußern, der eventuell klärungsbedürftig ist?
September 2018
08/2018 – Buzzwords
(speed of transformation)
Sehr gerne werden in einem schnelllebigen Umfeld Begriffe kreiert, die einen „Schlagwort-Charakter“ erhalten, da sie gebraucht werden, um eine Empfindung, eine Beurteilung, eine Einstellung generell zum Ausdruck zu bringen: Buzz (engl.) steht im Deutschen für Summen, wobei heutige Buzz-Words beispielsweise Transparenz, Digital, Home-Arbeitsplatz, Compliance, Gender, etc. sind.
Interessant ist, daß ein Buzz-Word relativ schnell ein Eigenleben entwickelt und derjenige, der ein solches Buzz-Word gebraucht, damit als „unangreifbar“ wird und in der Konsequenz die jeweilige Aussage als „richtig“ beurteilt wird: Dies allein schon deswegen, da das Wort „in aller Munde“ ist.
Wenn dem so stimmt, sind Buzz-Words also richtig und das Gegenteil der Buzz-Words müsste dementsprechend falsch sein:
▪ | Digital | ↔ | Analog | = falsch? | ||
---|---|---|---|---|---|---|
▪ | Home-Arbeitsplatz | ↔ | Unternehmens-Arbeitsplatz | = falsch? | ||
▪ | Verschlußsachen | ↔ | Transparenz | = falsch? |
Offensichtlich ist dieser Gedankengang zu kurz gesprungen, nämlich insbesondere dann, wenn eine extreme Meinung geäußert wird, gibt es automatisch eine extreme Deutung der Äußerung, die wiederum dann problematisch sein kann.
Sind also Schlagwörter, die der Kommunikationsgeschwindigkeit helfen, falsch? Zumindest ist mit der Verwendung von Buzz-Word sehr vorsichtig umzugehen, da „Rom auch nicht an einem Tage“ erbaut wurde. Hätte man versucht, Rom an einem Tag zu bauen, wäre es nicht fertig geworden bzw. weniger als die Hälfte der ewigen Stadt wäre erbaut worden.
Gerne wird mit Buzz-Words die Schwarmintelligenz in Verbindung gebracht – auch ein gefährlicher Denkansatz, da nicht immer die mehrheitliche Meinung die richtige sein muss.
August 2018
07/2018 – What’s new?
Dem HANDELSBLATT war es eine dicke Schlagzeile wert zu der Aussage zu kommen, daß
- die Persönlichkeit des jeweiligen CEO
- der Typus des Analysten
die Aktienprognose in ihrem Urteil beeinflussen.
Was ist daran so neu?
Die Wirtschaft setzt sich aus Unternehmen, aus Anlegern, aus Mitarbeitern, aus Manager, aus Kapital, aus Betriebsmitteln zusammen. Schon Gutenberg (der bekannte Kölner Wirtschaftsprofessor) wusste davon, daß letztlich Menschen das Handeln und die darauffolgende Reaktion beeinflussen.
Die Persönlichkeit eines CEOs ist heute wichtiger, denn je. Insbesondere dann, wenn ein CEO über eine starke überzeugende Persönlichkeit verfügt, ist er in der Lage, im Unternehmen einen Quantensprung zu bewegen. Gute Beispiele dafür gibt es zuhauf.
Die Persönlichkeit des Analysten ist mindestens ebenso wichtig, wie die des CEO’s: Nur solchen Analysten wird Einblick in das unternehmensinterne Zahlenmaterial gewährt und nur auf solche Analysten wird gehört, die kompetent und vertrauenswürdig sind und eine fundierte und unabhängige Meinung von sich geben.
Der gemeinsame Nenner eines erfolgreichen CEOs und des erfolgreichen Analysten ist die Persönlichkeit: Hier wird kein weichgespülter, stromlinienförmiger Manager gefordert, der sein Fähnchen nach dem Wind richtet – sondern viel mehr jemand, der authentisch und selbstbewusst auftritt, ein Manager, der sich durchaus gegen die herrschende Meinung ausspricht, der sich durchaus zurücknehmen und gleichzeitig zuhören kann – kurz ein Manager, den man „anfassen“ kann.
Juli 2018
06/2018 – Künstliche Intelligenz
Jeder, der sich mit dem Thema „künstliche Intelligenz“ (KI) beschäftigt, weiß, daß Algorithmen „im Spiel“ sind. Diese Algorithmen fassen nicht nur die historischen Ereignisse in Gestalt komplexer Datensätze zusammen, sondern geben auch Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Ereignisse eintreten werden.
Ob man dies rein datenschutzrechtlich „in den Griff“ bekommt oder nicht, ist eigentlich unerheblich, da die Diskussion um die KI derzeit eher emotionale Formen angenommen hat:
Sind es die berühmten Geister von Goethe, „…die ich rief und nimmer loswerde“ (der Zauberlehrling)?
Der Hintergrund für dieses Unwohlsein besteht ganz simpel darin, daß KI beginnt, ein Eigenleben in bestimmten Grenzen zu führen, wobei die Zukunft der Daten, die Zukunft der Datenanalyse, die Zukunft der zukunftsorientierten Aussagen nicht klar determinierbar sind, sondern eher eine Funktion dessen darstellen, wie ich die Daten eingebe und mit welchen Prämissen ich diese Daten verarbeiten lasse.
Um dem Unwohlsein der Bürger entgegenzuwirken, gibt es nun den Ansatz dafür zu sorgen, daß die Algorithmen „fair entscheiden“ sollen – was immer das heißt.
Sicherlich ist damit gemeint, daß KI sich in bestimmten werthaltigen (ethischen) Grenzen aufhalten muss, um so überhaupt eine Chance zu erhalten, kritikfrei akzeptiert zu werden. Doch was heißt in dem Fall die Forderung an KI, eine faire Entscheidung herbeizuführen?
Der Punkt ist doch der, daß KI dann bereits schon die Daten so verarbeitet hat, daß eine Entscheidung gefällt wird, aber ex-post eine gefällte Entscheidung eventuell redigiert werden soll.
Eine äußerst fragwürdige Vorgehensweise, die an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist.
Juni 2018
05/2018 – Organisatorische Veränderungen und die digitale Transformation
Wer glaubt, daß deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung „den Zug verpasst“ haben, sieht sich getäuscht: Selbst auf dem „C-Level“ hatte der CDO d.h. der „Chief Digital Officer“ Einzug gehalten und den traditionellen CIO, d.h. „Chief Information Officer“ abgelöst.
In mehrfacher Hinsicht ist dies eine einmalige Chance für die Unternehmen: Einerseits wird der Trend aufgenommen, sich mit der Digitalisierungsproblematik kompetent und strategisch auseinanderzusetzen, andererseits ist dies wiederum eine Gelegenheit, u.a. die Gender-Problematik, die Altersstruktur in einem Unternehmen anzugehen.
Jedoch ist bei dem Unternehmen zu beachten, daß das Thema Digitalisierung im Aufsichtsratsgremium ebenfalls ihren kompetenten Niederschlag finden muss: Mindestens ein Aufsichtsrats- / Beiratsmitglied sollte Digitalisierungserfahrungen gewonnen haben – eine Forderung, die nur schwer erfüllbar ist / sein wird.
Soll der Aufsichtsrat seine Rolle nicht nur als Überwachungsorgan des operativ-ausgerichteten Vorstands bzw. der Geschäftsführung interpretieren, sondern seine Aufgabe darin sehen, daß Managementgremium strategisch ausgerichtet vor sich herzutreiben, dann gibt es auf der Aufsichts- / Beiratsebene einen großen Nachholbedarf.
Mai 2018